Scheinbar
glaubt Sony fest an den Erfolg von Consumer-3D-Camcordern, denn lange
hat es nicht gedauert, bis der Nachfolger der HDR-TD10 das Licht der
Welt erblickte. Damit steht mit der HDR-TD20 nun schon das zweite
Doppelaugen-Modell von Sony vor der Markteinführung. Die größte und
zugleich offensichtlichste Verbesserung liegt in der Verkleinerung des
Gehäuses. Denn während die HDR-TD10 noch tatsächlich etwas unhandlich geriet, liegt die HDR-TD20 bemerkenswert gut in der Hand.
Somit ist die HDR-TD20 jetzt praktisch genauso "kompakt" geraten wie die neuen 2D-Consumer-Topmodelle (z.B. HDR-CX740), die wiederum aufgrund des neuen, mechanischen Bildstabilisators auch deutlich ausladender sind, als die 2D-Vorjahresmodelle. Klein und kompakt spielt für Sonys Topliga in diesem Jahr also eine untergeordnete Rolle.
An den technischen Daten hat sich (bis auf den geringeren Objektiv-Abstand) dabei relativ wenig geändert. Der Sensor ist einen Milimeter größer und hat ein paar Brutto-Pixel mehr. Auf den zweiten Blick fällt der von 12fach auf 10fach verringerte optische Zoom ins Auge. Dieser kann aber ohne sichtbare Verluste auf 12 fach (3D) bzw. 17fach (2D) erweitert werden, indem nur ein Teil der Chipfläche ausgelesen wird. Die Fotoauflösung wurde trotz fast gleich gebliebenen, effektiv genutzten Pixeln auf dem Papier verdoppelt (jetzt 6016 x 3384 Pixel). Maximale Datenrate (28 Mbits) und die Aufzeichungsformate 3D-MVC und 2D- 50p1080 AVCHD sind dagegen ebenfalls unverändert.
Manuelle Optionen?
Die Bedienung der Kamera ist leider nicht so gut, wie sie sein könnte. So muss man zum Einstellen von Blende, Weißabgleich und Verschlusszeit entweder über zwei Menüebenen gehen, oder man drückt lange auf den manuellen Ring um jeweils nur einen der Parameter einzustellen. Ist ein Wert zugewiesen fliegt man beim Menü wieder heraus und müsste den Weg ein weiteres mal beschreiten.
Wir schreiben müsste, weil sich Sony mit der HDR-TD20 auch im 2D-Modus die Unsitte erlaubt, Blende und Verschlusszeit nicht gleichzeitig manuell einstellbar zu machen. Stellt man einen der beide Werte manuell ein, so springt der jeweils andere wieder in den Automatik-Modus zurück.
Damit disqualifiziert sich wohl der 2D-Modus für viele ambitionierte Filmer. Schade, denn das Menü erlaubt sogar das Anlegen von 3 virtuellen Custom-Keys. In Kombination mit dem Objektiv-Drehring wäre hier eine durchaus angenehme manuelle Kontrolle möglich.
Da tröstet es auch wenig, dass im Gegensatz zum Vorgänger nun eine Zebra-Funktion freigeschaltet wurde. Einstellhilfen wie Expanded Fokus oder auch Möglichkeiten zur manuellen Veränderung der Bildcharakteristik fehlen weiterhin komplett. Und auch die Tonaussteuerung beschränkt sich auf zwei Zustände. Schade, denn die Kamera bietet ansonsten sowohl Mikrofon- als auch Kopfhörer-Anschlüsse und zeigt sogar optional einen Fünf- oder Zweikanal Pegel im Display an.
Im 3D-Modus steht leider noch weniger Kontrolle zur Verfügung. Exakter gesagt kann man im 3D-Modus nur den Fokus und eine Belichtungskorrektur einstellen. Nicht verfügbar sind dagegen Weißabgleich, Touch-Fokus, Blende und Verschlusszeit. Wer kontrollierte 3D-Einstellungen wünscht, muss daher weiterhin zur Konkurrenz greifen, zum Beispiel zur JVC GS-TD1, die jedoch andere Mängel plagen.
Dabei fällt auch ein weiterer Kritikpunkt deutlich ins Auge: Nicht verfügbare Optionen bleiben im Menü immer ausgegraut stehen. So passiert es gerade im 3D-Modus, dass man oft erst einmal über verwaiste Menüseiten mit ausgegrauten Punkten wandern muss, bevor man den gewünschten aktiven Menüpunkt erreicht.
Praxis
Die digitale Konvergenz der beiden Optiksysteme lässt sich automatisch oder manuell horizontal verschieben, um damit den Tiefeneindruck der Aufnahme zu steuern. Die Linsen selbst werden dabei jedoch nicht bewegt, sondern nur der horizontale, digitale Versatz beider Aufzeichnungen. Dies erklärt auch, warum der Weitwinkel im 3D-Modus etwas geringer wird: Offensichtlich wird hierfür einfach die ausgelesene Sensorfläche etwas verringert. Der ausgelesene Ausschnitt und dessen horizontale Lage auf dem Sensor bestimmen dann die Konvergenz.
Der feste Objektivabstand hat sich nun von vormals 31mm auf ungefähr 20 mm verringert, was man den Testaufnahmen durchaus ansieht. Objekte wirken insgesamt etwas flächiger als beim Vorgänger. Noch deutlicher sichtbar ist der Unterschied zu Panasonics Z10000. Letztere spielt aber auch preislich mit 3500 Euro schon in einer anderen Liga.
Das integrierte, autostereoskopische 3D-Display verrichtet seine Arbeit sehr gut. Auch dank seiner hohen Auflösung sieht man wirklich ohne zusätzliche Brille die eigenen Aufnahmen in 3D. Dazu kann man über einen externen Button schnell auf eine 2D-Vorschau umschalten, was gerade bei der Schärfebeurteilung sehr hilfreich sein kann.
Leider vergibt Sony weiterhin die Chance 3D-Fotos zu machen. Für machen könnte dies sicherlich ein zusätzliches Kaufargument darstellen.
Aus dem Messlabor 2D und 3D
Wir haben die Kamera sowohl im 2D- als auch im 3D-Modus gemessen. Dabei sind die Messunterschiede tatsächlich so marginal, dass sich eine separate Abbildung und Kommentierung kaum lohnt.
Der Sweep geht gegenüber dem Vorjahresmodell noch einen Tick weiter in die feinen Details...
...und das zeigt sich auch deutlich beim ISO-Chart, das sehr detailreich ohne störende Artefakte abgebildet wird.
Die Farbauflösung ist (im Gegensatz zu den 2011er Modellen) nicht mehr ganz so unruhig, was sich jedoch bei realen Bildern sowieso kaum sichtbar auswirkt.
Die Verzeichnung der Objektive ist in beiden Modi fast frei von schiefen Linien, was den Einsatz einer digitalen Optikkorrektur vermuten lässt. Die Konkurrenz liefert hier mehr Beulen.
Die Kamera ist sehr neutral eingestellt und liefert natürliche Farben. Auch die Hauttöne gelingen der TD20 dabei sehr gut.
Bei wenig Licht liefert die TD20 immer noch ansprechende Bilder.
Nur im 2D-Modus lässt sich die Lichtempfindlichkeit auch noch etwas tunen...
Trotz fehlender Aussteuerung klingt die TD20 gut und liefert bei wenig Rauschen nur moderat beschnittene Höhen.
Fazit
Gegenüber dem Vorgängermodell hat sich bis auf die kompaktere Bauweise erstaunlich wenig getan. Wer sich für eine 3D-Kamera mit guter Qualität aber wenig manuellen Einstellmöglichkeiten interessiert, kann daher auch ruhig zum Vorgängermodell greifen, das gerade im Internet-Ausverkauf schon für knapp 900 Euro (Stand 2/2012) den Besitzer wechselt.
Im Gegenzug kann man der TD20 eine leicht verbesserte Bildqualität attestieren, die jedoch mangels manueller Kontrolle schwer zu entfesseln ist. Wer "nur" im Automatikmodus filmt bekommt auf jeden Fall ein extrem leicht zu bedienendes Gerät, das unkompliziert recht passable 3D-Aufnahmen liefern kann.
http://www.slashcam.de/